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Buchhinweis














Bibliographische Angaben:

Christian Herzog, Aktion Phoenix. Roman, Originalausgabe, 512 Seiten.Rowohlt. Verlag. Hamburg 2023. ISBN: 978-3-8052-0106-3  




ZUM BUCH:

Der Roman spielt vor dem Hintergrund der Olympischen Spiele 1936 in Berlin. Die Hauptstadt will sich zu den Olympischen Spielen zeigt sich die Reichshauptstadt vor allem weltoffen und selbstverständlich auch als Weltstadt mit den entsprechenden Attributen zeigen.

Um dies sicherzustellen muss Hermann Schmidt vom Propagandaministerium mit vielen Akteuren auseinandersetzen (hasserfüllte Schlägern aus der HJ, eine Widerstandsgruppe, die mit regimefeindlichen Plakaten arbeitet ...). Er verliebt sich in eine Kunststudentin, die der Widerstandsgruppe angehört.

Weitere Hauptperson der Handlung ist der Zeppelin-Steward Georg Finkbeiner. Die Fahrt der Hindenburg zur Eröffnungsfeier der Spiele ist mehr als Propaganda, es gibt einen Plan, der eigentlich nicht vorstellbar ist.

 

In einem Interview gibt der Autor Einblicke in seine Arbeit, in die Wahl der Motive und Hintergründe:

 

DAS INTERVIEW



«Aktion Phoenix» ist ein Roman über einen fiktiven Anschlagplan auf die Olympischen Spiele 1936 in Berlin. Wie entstand die Idee, die irrwitzige Olympia-Propagandashow der Nationalsozialisten mit einer perfiden Attacke auf den Zeppelin LZ 129 Hindenburg zu verknüpfen – jenem Luftschiff, das am 6. Mai 1939 bei der Landung in Lakehurst, New Jersey, in Flammen aufging?

Schon in meiner Studienzeit habe ich mich damit befasst, wie Propaganda eingesetzt wurde, um politische Strukturen auszubilden und zu festigen; eine Thematik, die in der jüngeren Vergangenheit leider wieder aktuell geworden ist. Bei einer Recherche dazu bin ich auf Fotos gestoßen, die die Hindenburg zur Eröffnung der Olympischen Spiele 1936 in Berlin zeigten – direkt über dem Stadion. Was, wenn der Zeppelin schon zu diesem Zeitpunkt explodiert und abgestürzt wäre? Und wenn es kein Unfall, sondern ein Anschlag gewesen wäre? Dieses Szenario habe ich einige Zeit hin und her überlegt, bis mir schließlich die Idee für das wirklich unfassbare Komplott und dessen Hintergründe kamen.



In Ihrem Roman taucht reichlich historisches Personal auf: der schwarze US-Sprintstar Jesse Owens, IOC-Mitglied Karl Ritter von Halt, die NS-Filmemacherin Leni Riefenstahl, Joseph Goebbels, Adolf Hitler. Wie schwierig ist es, einen glaubhaften, authentischen «Ton» bzw. «Sound» für eine Figur wie z. B. Reichspropagandaminister Goebbels zu finden? 

Die führenden Nationalsozialisten waren natürlich eine Herausforderung, obwohl von ihnen Ton- und Filmaufnahmen überliefert sind, an denen man sich orientieren kann. Hitler und Goebbels haben im Roman nur wenige Auftritte, meist in extrem unangenehmen Szenen, die mich beim Schreiben einiges an Kraft gekostet haben. Einfacher fiel es mir beim Luftschiffpionier Hugo Eckener oder bei der Regisseurin Leni Riefenstahl, wobei man gerade bei ihr aufpassen muss, weil sich ihre Memoiren nicht unbedingt mit den Ergebnissen historischer Forschung decken. Aber in einem Roman kann es sich auch bei historischen Personen ohnehin stets nur um Annäherungen handeln.



Hat die Gruppe um die Geschwister Hans und Sophie Scholl in gewisser Weise Pate gestanden für die Aktionsgruppe Phoenix im Roman, die mit künstlerischen Mitteln Faschismus und Kriegsgefahr bekämpfen will?

Natürlich denkt man bei einer studentischen Widerstandsgruppe unweigerlich an die Weiße Rose. Aber es gab auch viele andere Gruppierungen, die sich gegen das Regime gestellt haben. Hans und Sophie Scholl sind wahrscheinlich die bekanntesten Gesichter des studentischen Widerstands, waren aber keine Vorlage für Anna und ihre Freunde. Die von mir frei erfundene Aktionsgruppe Phoenix agiert ursprünglich aus einem fast naiven Impuls heraus und begreift erst nach und nach, welche Konsequenzen sich aus ihrem Tun, dem Drucken und Aufhängen von regimekritischen Plakaten, ergeben können. Erst als sie den einen Schritt zu weit gegangen sind, stellen die Studenten fest, dass es kein Zurück mehr gibt.



Untergründig schwingt in Ihrem Buch immer auch die Frage mit, wie man in menschenverachtenden Zeiten als Individuum Anstand, Haltung und Menschlichkeit bewahrt – schließlich ist keiner von uns als Held geboren. Wie wichtig war es, die drei «positiven Protagonisten» des Romans – Anna Kollman, Hermann Schmidt, Georg Finkbeiner – in ihrer ganzen Ambivalenz zu zeigen?

Bei aller spannenden Romanhandlung war genau das ein zentraler Punkt für mich bei der Arbeit an «Aktion Phoenix». Um dem eigenen moralischen Kompass zu folgen, muss man das Steuerrad einschlagen, bevor die gefährliche Strömung einen nicht mehr freigibt. Das galt damals und ist heute nicht anders. 

Ich habe mir drei sehr unterschiedliche Protagonisten ausgewählt, um das von verschiedenen Seiten betrachten zu können: Hermann Schmidt vom Propagandaministerium, der sich mit der Nazi-Regierung abgefunden hat und davon profitiert, obwohl er sich mit der Ideologie nicht identifizieren kann; Anna Kollmann, die das System verabscheut und aktiv bekämpft, auch wenn ihr Antrieb ursprünglich wohl eher in der Verliebtheit zum Anführer der Aktionsgruppe Phoenix zu finden war; und Georg Finkbeiner, der sich in einer Lebensphase befindet, in der seine Hochzeitspläne und der Traumberuf wichtiger sind als jede Politik. Wie bedeutsam seine Arbeit als Steward der Hindenburg über seine kleine private Welt hinaus werden kann, findet er erst später heraus. Ob sich einer der drei wirklich als Held im klassischen Sinne anbietet, muss jede Leserin und jeder Leser selbst herausfinden.

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(Quelle des Interviews: Verlagsmitteilung)



Einordnung für die Bildungsarbeit

Im Rahmen der spannenden Handlung dieses Buches werden viele Themen und Anliegen des (Ethik- und Philosophie)Unterrichts in diesem Roman angesprochen - natürlich all die Fragen zum totalitären Staat, der die Menschenrechte und besonders auch die Freiheit des Individuums nicht achtet, die Frage nach Rolle und Mitteln von Widerstand gegen staatliches Handeln und staatliches Unrecht, besonders auch die Frage nach der Gestaltung der „gesellschaftlichen“ und „persönlichen Zukunft“, die Probleme und Fragen nach den Möglichkeiten von Entwicklung einer eigenen Identität,...

Einen Roman zu lesen ist natürlich etwas anderes als die üblichen Formen von Unterricht oder die Bearbeitung von Unterrichtsmaterialien. Sie bietet vor allem neben Unterhaltung und Information sowie Spannung) Impulse, die auch im Unterricht (ab ca. Klasse 10) aufgegriffen werden können.




Martin Geisz, November 2023