Materialien „Bildung für eine nachhaltige Entwicklung“ - Globales Lernen und Philosophie lernen



Buchhinweis


Stichworte: Roman, Anthropologie, Entwicklung, Gegenwart, Spurensuche in der Vergangenheit, Hessen, Wetterau












Bibliographische Angaben:

Andreas Maier

Die Heimat

Roman|Ortsumgehung 9

Suhrkamp Verlag. Berlin 2023.

978-3-518-43115-3

 




ZUM BUCH:

Auf elf Bände hat Andreas Maier sein autobiografisches jekt angelegt, er will seiner Friedberger Heimat in der Wetterau ein schwarzes Denkmal setzen, auch in diesem neunten Band des Projekts. 1

SIEBZIGER“/ „ACHTZIGER“/ „NEUNZIGER“/ „NULLER“ sind die Kapitel überschrieben, in denen von der Heimat erzählt wird, die für Andres Maier seit jeher Fiktion ist. Wenn, wie in den siebziger Jahren, die Angst vor allem Fremden weit verbreitet war. dem einzigen Italiener an der Schule, den Türken die in der Wetterau als erste die Tische vor die Wirtschaft stelltenVon Heimat ist vor allem dann die Rede war, wenn es um andere Menschen in der eigenen Stadt ging. Es ist die Rede von Heimatvertriebenen („Man schleppte sie mit durch, tat ihnen zwar keinen Zwang an, aber sie waren das fünfte Rad am Wagen. Es handelte sich um die Heimatvertriebenen“ - S. 14f.) . In der Erzählung „normaler Verhältnisse“ werden Abgründe sichtbar, besonders auch mit Blick auf die Juden, die in Friedberg gelebt haben „Nie hat mir jemand von irgendeinem jüdischen Stadtmitglied erzählt. Oder davon, daß ihm von einem erzählt worden sei. kein einziges Mal. Und ich habe selbst auch nie gefragt. “ (S.219) ...

.. „Das Wort Heimat habe ich in meiner Kindheit in Friedberg und Bad Nauheim selten gehört. Bezogen auf meine Herkunft und die nähere Umgebung wurde es gar nicht benutzt. Selbst mein geburtsbehinderter Onkel J., der Heimatsendungen ebenso wie Volksmusik liebte und in seinem lädierten Kopf voller patriotischer Gefühle war, wurde zwar rührselig, wenn er das Wort »daheim« hörte, womit er sein Zuhause, die Familie, vielleicht seine Kneipen und noch die umliegenden Wälder inklusive Forst- und Jagdhaus meinte. Aber von Heimat sprach er nicht. Es gab keinen Grund dazu. Heimat wurde fast ausschließlich im Zusammenhang mit anderen, d. h. fremden Menschen verwendet, die zwar in unserer Stadt wohnten, aber nicht von dort stammten“ (S.13).



Einordnung für die Bildungsarbeit

In der Schule „Philosophie – lernen“ zu betreiben verlangt – wenn es nicht nur Philosophiegeschichte sein soll –, die Frage nach den den wesentlichen Stationen eigener Entwicklung zu stellen, die Geschichte der Umgebung in den Blick zu bekommen – und dies in der Gewissheit, dass hier keine keine endgültige befriedigende Antwort gefunden werden kann.Dieser Roman bietet für die Suche nach eigenen Entwicklungsschritten viele Zugänge ...

Ein Satz aus dem Buch, mit dem ein Gespräch (etwa ab Klasse 10) starten könnte. „Sicherlich ist niemand auf den ersten Blick aufgefallen, wer in diesem Buch über meine Heimat nicht auftreten konnte und folglich auch nicht aufgetreten ist. Das ist meine Heimat. Das bin ich. Heimat ist ein schwarzes Kapitel, immer und überall“ (S. 220).




Martin Geisz, April 2023



1„Du setzt deiner Heimat ein schwarzes Denkmal. Ein Denkmal in elf Büchern. Heimat ist ein schwarzer Begriff. Nun steht sie bald vor der »Vollendung«, diese Straße mit ihren Zubringern und Schluchten und Schneisen und Kurven und Kreiseln, die sie überall in die Landschaft geschlagen haben. Bald werden ganz neue Stadtgebiete an ihren Zubringern entstehen, von hier bis Bad Vilbel, und dann werden dort neue Menschen wohnen. Für sie wird alles normal sein und so, als sei es von jeher. Sie werden diese Straße befahren wie jede andere Straße, die sie in ihrem Leben benutzt haben. Sie werden auf dieser Straße nach Frankfurt fahren und um Friedberg nur noch herum. Genau genommen könnten sie die Ortsumgehung Heimat nennen. Die Ortsumgehung, ihr Auto, ihr Eigenheim und ihren Carport.“ (S. 9)