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Buchhinweis


Stichworte: Anthropologie, Kunst, Anthropologie der Bilder












Bibliographische Angaben:

Philippe Descola

DIE FORMEN DES SICHTBAREN

Eine Anthropologie der Bilder

Aus dem Französischen von Christine Pries

Suhrkamp Verlag. Berlin 2023.

ISBN 978-3-518-58799-7

 




ZUM BUCH:

Der Autor präsentiert in diesem Buch einen globalen und historisch weit ausgreifenden Vergleich von ganz unterschiedlichen Kunstwerken und legt Grundlagen für eine Anthropologie der menschlichen Bildkunst.

Rochenmasken aus Yukana (kolumbisches Amazonien), Malereien der Aborigines, ein Porträt von Rudolf von Habsburg (vor 1365),eine Miniaturlandschaft aus der Song-Dynastie, ein holländisches Interieurgemälde aus dem 17. Jahrhundert, ein Bild von C. Monet (Badende in La Grenauillère) von 1869, abstrakte Kunst aus dem 20. Jahrhundert ... für den Autor ermöglichen Kunstwerke ( vor allem auch Bilder) Zugänge zum „Kern“ von menschlichen Lebensformen durch alle Zeiten und durch ganz unterschiedliche Epochen hindurch. Im Blick der Analyse ist, dass die, die diese Kunstwerke schaffen nicht nur ihre Fantasie wirken lassen, sondern dass dargestellt - „abgebildet“ - wird, was sie selbst wahrnehmen. Wahrgenommen wird das, was die Erfahrung und Gewohnheit zu unterscheiden gelehrt hat. Für den Autor hängt dies besonders auch davon ab, welche der von ihm identifizierten vier Regionen „des von ihm entdeckten ontologischen Archipels“ (Klappentext) wir angehören. Er formuliert selbst: „Auf der Basis eines ziemlich einfachen Gedankenexperiments habe ich deshalb die These aufgestellt, dass es nicht mehr als vier Identifikationsmodi, das heißt Möglichkeiten, gibt, ontologische Schlussfolgerungen zu systematisieren, die sich jeweils auf die Arten von Ähnlichkeit und von Unterschieden stützen, die Menschen auf zwei Ebenen, physisch und moralisch, zwischen sich und den Nichtmenschen feststellen. Teilweise in Fortführung der konventionellen Begrifflichkeit habe ich diese vier gegensätzlichen Weisen, in den Falten der Welt Kontinuitäten und Diskontinuitäten aufzuspüren, als Animismus, Totemismus, Analogismus und Naturalismus bezeichnet.“ (S.13 f.)

 

Die Inhaltsübersicht verdeutlicht den Arbeitsgang.

 

INHALTSÜBERSICHT

Vorwort

1. Die Falten der Welt

Unterfütterungen durch das Unsichtbare

Verkörperte Zeichen

Bildontologien

Geometrien der Figuration

Zurschaustellungsformen und Wirkmächtigkeiten

 

Erster Teil

Präsenzen

 

2. Körper-Geister

Tierische Personen

Eselsbrücken

Wer läuft denn da ?

Ähnlichkeiten unterscheiden

Ontologische Tarnungen

3. Die Standpunkte vervielfachen

4. Relationale Identitäten

 

Zweiter Teil

Indizes

 

5. Gattungswesen und Lebenswege

Die Figuration des Ordnungsakts

Die Figuration des Ordnungsstifters

Die Figuration der Spuren der Ordnungsstiftung

 

DIE FORMEN DES SICHTBAREN

6. Eine Heraldik der Qualitäten

7. Die Macht der Spur

Variation 1 : Repertoire-Bild und Personen-Bild

 

Dritter Teil

Korrespondenzen

 

8. Kompositionsexerzitien

Hybride und Schimären

Bildhafte Bindungen

Die große und die kleine Welt

Einbettung und Wiederholung

9. Räumliche Verbindungen

10. Rollenspiele

 

Vierter Teil

Simulakren

11. Der Welt gegenüber

Die Eroberung des Sichtbaren

Die Seele malen

Die Einführung der Natur

In Richtung Immanenz

Die Unmöglichkeit von Objektivität

12. Die Objektivierung des Subjektiven

13. Die Ähnlichkeit ausfindig machen

Variation 2 : Mit allen Stilen vertraut

 

Schluss : Was ein Bild ausmacht

Ontologien

Formen

Handlungsmächte

Inkarnationen

Postskriptum : Gerüstarbeiten

Der Streit um Ähnlichkeit

Die Belebtheit von Bildern

Bildsprachen

 

 

Leseprobe:

https://media.suhrkamp.de/mediadelivery/asset/dfb18362dd724ecd83b25ea95df1bc2f/die-formen-des-sichtbaren_9783518587997_leseprobe.pdf

 

zum Autor:

 

Philippe Descola, geboren 1949, ist emeritierter Professor für Anthropologie am Collège de France und gilt als der bedeutendste französische Anthropologe der Gegenwart. In seinen Forschungen entwickelt er eine vergleichende Anthropologie, die sowohl die Humanwissenschaften als auch die Reflexion über die ökologischen Herausforderungen unserer Zeit revolutioniert hat. Für sein Werk wurde er vielfach ausgezeichnet, u. a. mit der Goldmedaille des Centre national de la recherche scientifique (CNRS), der höchsten wissenschaftlichen Auszeichnung Frankreichs. Sein Buch Die Formen des Sichtbaren. Eine Anthropologie der Bilder gewann 2021 den Prix Fondation Martine Aublet. https://www.suhrkamp.de/person/philippe-descola-p-8464




Einordnung für die Bildungsarbeit

Die Beschäftigung mit einer „Anthropologie der Bilder“, die Kunst und Bildsprache einer näheren Betrachtung unterzieht, steht im schulischen Philosophieunterricht eher am Rand. Ich denke, dass gerade im Blick auf die - besonders auch unter Schülerinnen und Schülern - aktuelle Nutzung Bild, Bildmaterialien, Fake-Bildern, ... in den digitalen Medien die Frage nach Hintergründen und tieferen Zusammenhängen von „Mensch und Bild“ und auch von „Bild und Mensch“ vertieft angegangen werden sollte. Dieses umfangreiche Buch bietet, Informationen, Zugänge und viele Annknüpfungspunkte für auch (kontroverse) Diskussionen. Lehrkräfte sollten Zugänge auswählen.




Martin Geisz, Mai 2023