Materialien „Bildung für eine nachhaltige Entwicklung“ - Globales Lernen und Philosophie lernen

und Religionsunterricht


Buchhinweis


Stichworte: Zeitgeschichte, Entwicklung, Nichtregierungsorganisationen, katholische Kirche, Dritte Welt, Entwicklungspolitik,

Entwicklungspädagopgik, Globales Lernen








Bibliographische Angaben:

JOHANNES STOLLHOF: ZWISCHEN BIAFRA UND BONN Hungerkatastrophen und Konsumkritik im deutschen Katholizismus 1958–1979.Verlag Ferdinand Schöningh, ein Imprint der Brill-Gruppe . Paderborn 2019. ISBN 978-3-506-79247-1 (hardback) ISBN 978-3-657-79247-4 (e-book)





Zum Buch:












Hungerkatastrophen, Armut, Armutsbekämpfung wurden in der Bundesrepublik Deutschland von Anfang an wahrgenommen. Klassische Hilfe in Notlagen – wie von Caritas und der Diakonie im evangelischen Bereich – gehörten zu den klassischen Wegen von Hilfe und Unterstützung von Bedürftigen – auch weltweit. Für den Autor dieses Buches wurde „Biafra“ auch zur Chiffre für die neue Herausforderung globaler Gerechtigkeit. der sogenannten „Dritten Welt“. Es ging um die Bilder von hungernden Kindern, die Impuls für umfangreiche Hilfsaktionen waren. In diesem Buch – einer kirchenhistorischen Dissertation - werden die vielfältigen Reaktion im Katholizismus in Deutschland zum Thema. Engagierte Katholiken setzten neben der Hilfe (traditionellen Verständnisses von Caritas und christlicher Hilfe) besonders auch auf die politische Aktion für die „Dritte Welt“ zum Beispiel im Engagement in Organisationen wie Misereor. Der Autor formuliert einen weiteren wichtigen Akzent in der Einleitung so: „Im Zentrum der Arbeit stehen also nicht die konkreten Ausprägungen von Hunger und die Bewältigungspraxis in den Hungergebieten. Vielmehr soll dem medial und didaktisch vermittelten Hunger, seinen Deutungsschemata und Bedrohungspotentialen innerhalb des deutschen Katholizismus, den daraus resultierenden sozialen und theologischen Bewältigungsstrategien und dem ›re-ordering‹ der als bedroht wahrgenommenen Ordnungen nachgegangen werden. Dabei wird auch zu beleuchten sein, inwieweit die Diskurse zur Hungerbewältigung die Tiefenstruktur des (nach-)konziliaren deutschen Katholizismus und seine Aushandlungsprozesse um die Stellung der Kirche in der Gesellschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts beeinflussten“(S. 4). Das Inhaltsverzeichnis spiegelt die vom Autor gewählten Schwerpunkte.



Inhaltsverzeichnis

Vorwort 

Einleitung 

1. Zwischen Katastrophenkommunikation und Konsumgesellschaft 

2. Forschungsstand 

3. Leitfragen 

4. Quellen 

5. Methodische Herangehensweise

6. Ein Leitfaden durch die Arbeit 

I. »Was wir bisher über unserer eigenen Not vergessen haben.« Die transnationale Wahrnehmung von Hunger und Elend der ›anderen‹ (1959–1967)

1. Hungerkatastrophen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts 

a) Hunger als multiperspektivisches Phänomen 

b) Hunger als politisches Problem 

c) Hungerkatastrophen nach 1945 

2. Biografische und ökonomische Voraussetzungen: Kriegserfahrung

und Wirtschaftswunder in den 1950er Jahren 

a) Hungerwinter und CARE-Pakete als Erfahrungshintergrund 

b) Reisende Missionspatres, drohender Kommunismus und

wachsender Wohlstand – vier Thesen zu den 1950er Jahren 

c) Welternährung und die »Freßwelle« – Wahrnehmungen der

1950er Jahre 

3. Institutionalisierte Hilfe: Das bischöfliche Hilfswerk gegen Hungerund Krankheit in der Welt »Misereor« 

a) Wissenschaftliche Vorbereitung: »Der Hunger in der Welt« 

b) Der Anfang: »Ein Abenteuer«? 

c) Ein »ungeheures Echo« 

d) Bedrohung oder Strategie? 

4. Der weitere Horizont: Das Zweite Vatikanische Konzil und die »Welt« 

a) Drei Vorläufer und Wegbereiter 

b) Kirche als »Weltkirche«? 

c) Folgewirkungen von ›Weltkirche‹ auf dem Konzil 

5. Ein Fazit in Thesen 



II. »Heute ist die soziale Frage weltweit geworden.«

Etablierung einer Bedrohung (1967–1972)

1. Eine Großtat der Liebe: Das Weltnotwerk als karitative Bewältigungsstrategie 

a) Gründung eines Notwerkes 

b) Reaktivierung einer karitativen Idee? 

2. Gesellschaft in Bewegung: ›1968‹, die Rezeption im Katholizismus und die Etablierung des Hungerbooms

a) Die ›68er‹ im deutschen Katholizismus. Einige Schlaglichter

auf den gesellschaftlichen Wandel 

b) Medialer und gesellschaftlicher Diskurs:

Bevölkerungswachstum, Welternährung, Hungerboom 

3. »Magna Charta« der »Entwicklungshilfe«: Paul VI., die Enzyklika»Populorum progressio« und ihre Rezeption 

a) Vorläufer und Vorbereitungen 

b) Die Enzyklika 

c) Die Rezeption der Enzyklika – (Katholische) Presse und

bischöfliche Plädoyers 

d) Die päpstliche Kommission ›Justitia et Pax‹ und der deutscheArbeitskreis für Entwicklung und Frieden 

e) Entwicklungspolitischer Kongress: »Jedem Menschen eine Chance« 

f) Synodendokument: Der Beitrag der katholischen Kirche in Deutschland für Entwicklung und Frieden (1975) 

g) Verdichtung theologischen und sozialenBewältigungshandelns 

4. Zunehmende Politisierung: Arbeitskreise, Friedensmärsche und der faire Handel

a) Intensivierungen im Entwicklungspolitischen Arbeitskreis (EPA)  .

b) Konsequenzen: Ein Mehr an Politik? 

5. Biafra als Exemplum: Hungerkatastrophen und ökumenisches Engagement

a) Etablierung einer Katastrophe 

b) Soziale und politische Handlungsoptionen 

c) »Biafra« als politische Erfahrung 

d) »Biafra« als Schlüsselposition 

6. Ein Fazit in Thesen 



III. »Eine fast schicksalhafte Bedrohung ›unseres‹ Systems«: Bedrohter Wohlstand oder bedrohender Lebensstil (1972–1979)

1. Die Grenzen des Wachstums: Endszenarien der Wissenschaft und

ihre Wirkungen 

a) Der Bericht an den ›Club of Rome‹ 1972 

b) Katholikentage als Seismografen der Veränderung

c) Fern und nah 

2. Unsichere Handlungsoptionen: Der Hungergürtel im Sahel und in

Äthiopien 

a) Die Verständigung über den Status quo 

b) Szenario  .

c) Handlungsempfehlungen 

d) Wirkungen und Vergleich 

3. Bedrohte Ordnungsschemata: Entwicklungsarbeit in der Kritik

a) CDU und Kirche – eine Liaison in der Krise 

b) Misereor unter Druck

c) Ein Eklat als Symptom 

4. Neukonfigurationen: Bedrohte Wohlstandsordnung oder bedrohender Lebensstil? 

a) Das Lüdinghausener Modell als neues performatives Paradigma 

b) Hungertücher und das ›andere Leben‹ als neues thematisches Paradigma

c) Der »Lehrerarbeitskreis« als neues didaktisches Paradigma 

d) Das »Dialogprogramm« als politischer Versuch der Neukonfiguration 

5. Ein Fazit in Thesen 



IV. »Wir haben sehr viele Herausforderungen gelöst, aber

noch viel mehr Herausforderungen warten auf uns.«

Hunger als Bedrohung in autobiografischen Quellen



V. Der Ort der Hungerbewältigung in der Geschichte des bundesrepublikanischen Katholizismus 



Einordnung für die Bildungsarbeit

Globales Lernen hat immer den Blick auf die Antwort aus der Zivilgesellschaft auf die drängenden Zeitprobleme.

Dieses Buch nimmt die Entwicklung im Bereich der Katholischen Kirche in den Blick. Es thematisiert Schwerpunktsetzungen, organisatorische Antworten, theologische und zeitgeschichtliche Hintergründe. Auch pädagogische Konzeptionen für die Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit werden zum Thema (und ordnen so aktuelle Entwicklungen in der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit ein.

Das Buch bietet für Studierende und Lehrkräfte Hintergrundinformationen zu einem in den hier präsentierten Zusammenhängen in der Bildungsarbeit nur wenig betrachtetes Themenfeld. Es lenkt den Blick auf so noch nicht wahrgenommene Zusammenhänge und nicht gibt viele Diskussionsimpulse - auch im Blick auf aktuelle entwicklungspolitische und kirchliche Entwicklungen.



Martin Geisz, Juli 2019