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Buchhinweis


Stichworte: Philosophische Grundlagen, Diskussion um Realismus, Wissenschaftstheorie








Bibliographische Angaben:



Julian Nida-Rümelin: Unaufgeregter Realismus. Eine philosophische Streitschrift. Mentis – Verlag. 2018, 141 S., geb.. ISBN: 978-3-95743-130-1





Zum Buch:












Der verbreitete zeitgenössische Anti-Realismus in den Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften, in Kulturinstitutionen, in den Feuilletons und den gebildeten Kreisen ist Ausdruck einer intellektuellen Krise. Der Realismus, für den Julian Nida-Rümelin plädiert, geht von lebensweltlichen Selbstverständlichkeiten aus und bestimmt vor diesem Hintergrund die Rolle der Philosophie neu. So stellt sich dieses Buch gegen geistige Verwirrungen, die sich als Begleitphänomene dieser intellektuellen Krise zeigen.1

Es ist eine zentrale These dieses Essays, dass es einen Realismus nur als Ganzen, nicht in Teilen geben kann. Der Realismus dieses Essays ist umfassend, anti-naturalistisch und nicht-metaphysisch. Der Realismus, für den ich hier plädiere, ist unaufgeregt, weil er auf revisionistische Ansprüche gegenüber den lebensweltlichen Selbstverständlichkeiten, aber auch der wissenschaftlichen Praxis verzichtet. Er stellt sich gegen geistige Verwirrungen, die manchmal nur punktuell auftreten, aber sich gelegentlich hartnäckig halten – als Begleitphänomene einer intellektuellen Krise. Der verbreitete zeitgenössische Anti-Realismus in den Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften, in Kunstpraktiken und Kulturinstitutionen, in den Feuilletons und den gebildeten Kreisen scheint mir in der Tat Ausdruck einer intellektuellen Krise zu sein, mit der ich mich an anderer Stelle ausführlicher befasst habe“ (S. 13) -so der Autor in der Einführung zum Buch. Das Inhaltsverzeichnis vermittelt den vom Autor gewählten Weg zur Präsentation seiner Position, die mit dem Hinweis „Eine philosophische Streitschrift“ im Buchtitel ausdrücklich zur Diskussion stellt.

Inhaltverzeichnis

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

§ 0 Das Ethos desRealismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

I. Was istRealismus? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

§ 1 Zur philosophischen Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

§ 2 Realismus und Anti-Realismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

§ 3 Wahrheit und Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

§ 4 Realitätsbezug der Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

§ 5 RealistischeGründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

§ 6 Lebensweltlicher Realismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

§ 7 Wissenschaftlicher Realismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

§ 8 Der epistemischeRealismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

§ 9 Gegenstandsbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

II. Warum umfassender Realismus? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

§ 1 Die Einheit derVernunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

§ 2 Das Normative und das Empirische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

§ 3 Kritik des Subjektivismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86

§ 4 Intentionalität, Bedeutung, Wahrheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

§ 5 Kritik desKonstruktivismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96

§ 6 Wie umfassend ist der Realismus? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

III. Inwiefern unaufgeregter Realismus? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

§ 1 OntologischeNeutralität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

§ 2 Fallibilismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

§ 3 OntologischeRelativität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122

§ 4 Kritik des ontologischen Realismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128

§ 5 Kritik des naturalistischen Realismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

§ 6 Immanenz und Transzendenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136

Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140



zum Autor:

Julian Nida-Rümelin, geb. 1954, lehrt Philosophie und politische Theorie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Er war Präsident der Deutschen Gesellschaft für Philosophie und der Ge-sellschaft für Analytische Philosophie. Darüber hinaus war er Kulturstaatsminister im ersten Kabinett Schröder. (mehr auf der Website http://www.mentis.de/index.php?id=00000005&article_id=00000028&category=&author_id=00000230&book_id=00000983 (Aufruf 25.9.2013)



Einordnung für die Bildungsarbeit



Die Positio des Autors2 ist ein diskussionswürdiger Ausgangspunkt für alle, die in der Bildungsarbeit Zugänge zur Philosophie aufzeigen wollen. Das Buch zeigt für Studierende und Philosophielehrkräfte vielfältig Zugänge und durchaus Anlässe für den vom Autor ins Auge gefassten „Streit“.






Martin Geisz, September 2018



1Klappentext des Buches

2Der in diesem Buch vertretene Realismus ist umfassend (er schließt nicht nur die Natur- und Sozialwissenschaften, sondern auch Ethik und Ästhetik, vor allem aber unsere lebens-weltliche Verständigungspraxis ein), unaufgeregt (er beruht nicht auf einer spezifischen Metaphysik oder Ontologie), epistemisch (er versteht sich als natürliche Interpretation unserer Praxis, Meinungen und Handlungen zu begründen) und pragmatisch (er nimmt seinen Ausgangspunkt in der Lebenspraxis des Alltags). Dennoch fordert er Mainstream-Positionen sowohl der analytischen wie der kontinentalen Philosophie heraus und versteht sich in diesem Sinne als philosophische Streitschrift. Wenn es um die Erhebung und Interpretation empirischer Daten geht, sind die Natur- und Sozialwissenschaften der Philosophie weit überlegen. Wenn es um die genaue Lektüre von Texten geht, ihre Entstehung, ihre Begrifflichkeit, ihre Interpretation, dann sind die philologischen Wissenschaften der Philosophie überlegen. Wenn es um die Auslegung von Rechtsnormen geht, liegt die Kompetenz bei der Jurisprudenz und nicht bei der Philosophie. Ich sehe die Rolle der Philosophie als eine bescheidene und zugleich als eine unbescheidene. Bescheiden insofern, als sie sich nicht zum Lehrmeister gegenüber anderen Disziplinen aufführen darf. Unbescheiden, weil sie in kluger Selbstbeschränkung das klare Denken zu ihrer spezifischen Kompetenz gemacht hat. Mit dieser Selbstbeschränkung sollte die Philosophie auf den über drei Jahrhunderte währenden Ablösungsprozess reagieren, der große Gebiete philosophischer Forschung auswandern und zu eigenständigen Disziplinen emanzipieren ließ: Die Physik war früher Teil der Naturphilosophie, die Ökonomie und die Sozialwissenschaften gingen aus der Ethik hervor, die Psychologie gehörte ursprünglich zur Philosophie der Gefühle etc. Abgesehen von den drei traditionellen, berufsbildenden Disziplinen, Jurisprudenz, Medizin und Theologie, sind alle akademischen Fächer aus Teilbereichen der Philosophie hervorgegangen. Was geblieben ist, das macht den Kern der Philosophie aus: Klares Denken, beziehungsweise die Analyse theoretischer und praktischer Vernunft“ (S.10). –