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Materialien „Bildung für eine nachhaltige Entwicklung“ - Globales Lernen und Philosophie lernen
Buchhinweis
Stichworte: Philosophiegeschichte, 20. Jahrhundert, |
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Bibliographische Angaben: |
Wolfram Eilenberger: Zeit der Zauberer. Das große Jahrzehnt der Philosophie 1919 – 1929. Klett-Cotta.Stuttgart 2018. 431 Seiten. ISBN: 978-3-608-94763-2 |
Zum Buch:
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Die Jahre 1919 bis 1929 markieren eine Epoche unvergleichlicher geistiger Kreativität, in der Gedanken zum ersten Mal gedacht wurden, ohne die das Leben und Denken in unserer Gegenwart nicht dasselbe wäre. Die großen Philosophen
Ludwig Wittgenstein, Walter Benjamin, Ernst Cassirer und Martin Heidegger prägten mit ihren Philosophien die Epoche nach 1919 bis 1929 . Sie entwarfen Ansätze und „Systeme“, die die Philosophie bis heute mitprägen.
In einem Interview erläutert Wolfgang Eilenberger wichtige Ansatzpunkte seiner Arbeit.
„Frage: Warum waren die Jahre zwischen 1919-1929 das große Jahrzehnt der Philosophie? Sämtliche Strömungen, die unser Denken bis heute prägen, finden in diesen zehn Jahren ihren Ursprung und frühen Höhepunkt. Das gilt aber nicht nur für die Philosophie, sondern für fast alle Bereiche unserer Kultur: Wissenschaft, Kunst, Literatur, Architektur, Medien, Mobilität ... Die Zwanziger Jahre sind der eigentliche Ursprung unseres modernen Weltverhältnisses. Sie zu verstehen heißt deshalb, uns zu verstehen.. Frage: Warum gerade diese vier Männer? Neben ihrer überragenden Bedeutung für die Philosophie des 20. und 21. Jahrhunderts stehen die vier Helden des Buches auch für vier grundverschiedene Existenzentwürfe: Benjamin als beispielhafter Vertreter des kreativen Groß- stadtprekariats, Cassirer als bürgerlich beruhigte Professorenexistenz, Heidegger als heimatverbundener, völkisch gesinnter Hüttendenker, Milliardärssohn Wittgenstein schließlich als ein Mensch, der seinen Frieden in tiefer Spiritualität und einfacher Arbeit sucht. Wir alle kennen diese Lebensentwürfe, diese Sehnsüchte. Gerade in ihrem Alltagsleben sind diese vier »Zauberer« deshalb unsere Zeitgenossen. Frage: Was für eine Art Buch haben Sie geschrieben?' Es ist ein narratives Sachbuch. Das heißt ein Buch, das Philosophie nicht nur erklärt, sondern in erster Linie erzählt. Es besteht bei allen vier Denkern ein untrennbarer Zusammenhang zwischen Biographie und Philosophie. Diese Tatsache nimmt das Buch ernst. Es folgt diesen vier »Zauberern« deshalb Jahr für Jahr durch die Zwanziger Jahre und legt deren miteinander magisch verbundene Lebens- und Denkwege frei. Es widmet sich ihren Liebschaften genauso wie ihren Depressionen, ihre genialen Einfällen und Durchbrüchen genauso wie ihren politischen Irrwegen und akademischen Fiaskos. Nicht zuletzt natürlich ihren philosophischen Hauptwerken.“1
Schwerpunkte ergeben sich (auch) aus der Inhaltsübersicht, INHALT I. Prolog – Die Zauberer Gottes Ankunft · Gipfelstürmer · Contenance wahren Mythos Davos · Menschen fragen · Ohne Fundament · Zwei Visionen · Vor der Wahl Wo ist Benjamin? · Besser scheitern · Braucht mein Leben ein Ziel? · Die Ein-Mann-Republik II. Sprünge – 1919 Was tun? · Seine Zuflucht · Kritische Tage · Romantische Thesen · Neues Selbstbewusstsein · Fluchten Die
Verwandlung · Ethische Akte · Wunschloses Ung Umwelten voraus · Echtheit bricht durch Irgendwas mit Medien · Flapper · Die Aufgabe · Radikale Übersetzung Kult und Sound · Goethe in Hamburg · Das Grundphänomen · Der Wille zur Vielheit · Vorwärts · Gibt es die Sprache? IV. Bildung – 1922–1923 Friede den Hütten · Unheimliche Berufungen Daseinsvorsorgeuntersuchung · Mut zum Sturm · Stellungskämpfe Schlechte Nachbarschaft · Gute Nachbarschaft · Utopie im Regal · Ausgang vom Mythos · Die neue Aufklärung · Über den Fluss Im Strudel · Dritter im Bunde? · Goethe in Weimar · Mehr Licht · Freiheit oder Schicksal · Wahl oder Entscheidung · Die geschiedene Republik · Sprung der Erlösung · Rettende Transzendenz Gnadenlos · Drei Viertel verstanden · In Therapie · Von oben herab V. Du – 1923–1925 Der Idiot · It’s complicated Gastfreundschaft · Von Hamburg nach Bellevue · Schlüsselexperiment mit Schlange · Tunnel und Licht Weimar wankt · Feste Burgen · Ereignis sein · Du, Dämon · Inmitten des Seins · Das Schwerste denken · Amor mundi Hungerkuren
· Goodbye Deutschland · Trauben und Mandeln ·
Aufbrüche VI. Freiheit – 1925–1927 Rote Sterne · Kritische Vorrede · Ein Fall für Adam · Trauer-Arbeit · Erinnerndes Vernehmen · Trauernde Tropen · Kritisches Album · Palästina oder der Kommunismus Nahe sein · Ans Werk · Freilegen der Frage · Die Zeit des Daseins · Das ist der Hammer: Die Zeug-Analyse · Sturm und Angst · Das gewisse Etwas: Vorlaufen zum Tod Die Schule von Hamburg · Der verdeckte Ursprung Pluralität im Ausgang · Selbstgestaltung durch Welterschließung · Was in den Sternen steht Kindermund · Ingenieure des Sprechens · Liste der Vernunft · Das Prinzip Verantwortung · Ohnmachtsanfall VII. Passagen – 1926–1928 Technische Begabung · Nur für Götter · Kreis ohne Meister · Viel zu lernen ihr noch habt Auf der Kippe · Endstation Moskau? · Die Hölle des Anderen · Mann ohne Gerüst · Party for one Hohe See · Im Auge des Sturms · Ernstfall Frankfurt · Individuum und Republik Am Bau · Zeit des Dämons · Nach dem Sein · Grund und Abgrund · Zurück
zum Ursprung · Heimkehr · Hochtourig VIII. Zeit – 1929 Freie Schwünge · Unter Leuten · Vorabend in München · Entspannt euch! In Wortgewittern – die Davoser Disputation · Wunden lecken · Frühlingsgefühle · Die Dreihundertgroschenoper · The Doors · Atemlos, durch die Nacht · Gaslicht · Der autodestruktive Charakter · Um die Wurst Der Wanderer · Schulfrei · Interne Probleme · Zurück in den Alltag · Neapel in Cambridge · Erinnern zu einem Zweck · Die Stadt der Worte · Gegen die Wand Endliche
zum Autor: „Wolfram
Eilenberger, geboren 1972, war langjähriger Chefredakteur
des »Philosophie Magazins«, ist »Zeit«-Kolumnist,
moderiert die »Sternstunden der Philosophie« im
Schweizer Fernsehen und ist Programmleiter der »phil.
cologne«. |
Einordnung für die Bildungsarbeit |
Philosophie und Leitideeen von Ludwig Wittgenstein, Walter Benjamin, Ernst Cassirer und Martin Heidegger werden im Philosophieunterricht der Sekundarstufe II in vielen Zusammenhängen Thema. Wolfram Eilenberger bietet in seinem Buch mehr als die Philosophiegeschichte. Er sieht in dem Denken der vier Philosophen wesentliche Ursprünge gegenwärtiger Entwicklungen. Er lässt Zeit, Zusammenhänge lebendig werden. Die Konturen der philosophischen Entwürfe werden von ihm anschaulich vermittelt. Dies macht das Buch auch für die Bildungsarbeit in der Schule sehr interessant. Ich empfehle das Buch für die Anschaffung in der Schulbibliothek in mehreren Exemplaren.
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Martin Geisz, Mai 2018