Materialien „Bildung für eine nachhaltige Entwicklung“ - Globales Lernen und Philosophie lernen


Buchhinweis


Stichworte: Existenzialismus, Phänomenologie, Sartre, Heidegger s. Simone de Beauvoir









Bibliographische Angaben:



Bakewell, Sarah: Das Café der Existenzialisten. Freiheit, Sein und Aprikosencocktails - mit Jean-Paul Sartre, Simone de Beauvoir, Albert Camus, Martin Heidegger, Edmund Husserl, Karl Jaspers, Maurice Merleau-Ponty und anderen. Verlag C.H.Beck. München 5. Auflage 2017. 448 S.: mit 26 Abbildungen. ISBN 978-3-406-69764-7






Zum Buch:












Wenn man liest, was Sartre über die Freiheit, Beauvoir über die subtilen Mechanismen der Unterdrückung, Kierkegaard über die Angst,Albert Camus über die Revolte, Heidegger über Technik und Merleau – Ponty über Kognitionswissenschaften zu sagen haben, beschleicht einen oft das Gefühl, die neuesten Nachrichten zu lesen. Ihre philosophischen Ideen sind nach wie vor aktuell, weil sie das Leben betreffen und weil sie zwei große Menschheitsfragen stellen: Was sind wir? und Was sollen wir tun?“ (S. 45) Hier formuliert Sarah Bakewell einen Horizont zur Ausgangsfrage ihres Buches. Die beiden Fragestellungen sind immer im Blick, wenn sie viele Facetten des Existenzialismus – ausgehend von seinen namhaften Denker und Denkerinnen vorstellt.

Die beiden Fragen finden in den vielen Möglichkeiten des Existenzialismus viele unterschiedliche Antworten, immer aber bleibt im Blick, das der Mensch frei ist und mit dieser Freiheit authentisch umgehen muss und sich der Frage nach dem Wesen des Menschen stellen muss, sie aber nicht im Verweis auf vorgegebene Seinsstrukturen beantworten darf. Die Frage nach dem richtigen Tun ist immer zu stellen – egal welches Risiko eingegangen werden muss (vor allem angesichts der Tatsache, dass eine „Absolution“ von einer falschen oder problembehafteten Entscheidung vor allem für Sartre nicht möglich ist). .

Die Hauptbezugspersonen/Bezugsphilosophien sind für das Buch die Philosophien Martin Heideggers und Jean – Paul Sartes. Dazu kommt besonders Simone de Beauvoir mit ihren Gedanken, die ganz speziell auch die Frauen und das „Frausein“ in den Blick nimmt und zu einer der „Mütter der feministischen Bewegung“ im 20. Jahrhundert geworden ist. So entsteht im Buch ein Spektrum, das sich dann auch im Buchtitel findet: „Aber vielleicht haben sie auch nicht unbedingt am meisten zu sagen. Alle diese Philosophen, zu denen auch Edmund Husserl, Karl Jaspers, Albert Camus und andere gehören, kommen mir vor wie die Teilnehmer einer vielsprachigen und vielschichtigen Unterhaltung, die über das gesamte zwanzigste Jahrhundert hinweg geführt wurde. Viele von ihnen sind einander nie begegnet. Trotzdem stelle ich sie mir gern in einem großen, trubeligen Café des Geistes vor, einem Pariser Café voller Leben und Bewegung, erfüllt von Gesprächen und Gedanken: definitiv ein Café, das bewohnt und in dem gelebt wird.“ (S.27). Die Schwerpunkte spiegelt das Inhaltsverzeichnis.

Inhaltsverzeichnis


Erstes Kapitel: Monsieur, wie schrecklich, Existenzialismus! 13


in dem drei Freunde Aprikosencocktails trinken, einige Leute bis spät

nachts über Freiheit diskutieren und noch mehr ihr Leben ändern.

Außerdem fragen wir, was Existenzialismus ist.


Zweites Kapitel: Zu den Sachen selbst 51

in dem wir die Phänomenologen kennenlernen


Drittes Kapitel: Der Zauberer von Meßkirch 67


in dem Martin Heidegger auftritt und das Sein uns in Verlegenheit

bringt


Viertes Kapitel: Das «Man», der Ruf 91


in dem Sartre Albträume hat und Heidegger zu denken versucht, Karl

Jaspers bestürzt ist und Husserl zu Heroismus aufruft


Fünftes Kapitel: Blühende Mandelbäume abweiden 119


in dem Jean-Paul Sartre einen Baum beschreibt, Simone de Beauvoir

Ideen zum Leben erweckt und wir Maurice Merleau-Ponty und der

Bourgeoisie begegnen


Sechstes Kapitel: Ich möchte nicht, dass man mich zwingt, meine Manuskripte zu fressen 143


in dem es zu einer Krise kommt, zu zwei heroischen Rettungsaktionen

und zu einem neuen Krieg


Siebtes Kapitel: Okkupation und Befreiung 161


in dem der Krieg weitergeht, wir Albert Camus kennenlernen, Sartre die

Freiheit entdeckt, Frankreich befreit wird, die Philosophen sich

engagieren und alle nach Amerika wollen


Achtes Kapitel: Verwüstung 203


in dem Heidegger eine Kehrtwende vollzieht, viele sich von ihm

abwenden und es zu unangenehmen Begegnungen kommt


: Studien nach dem Leben 237

in dem der Existenzialismus auf leibhaftige Menschen angewandt wird


Zehntes Kapitel: Der tanzende Philosoph 259


ein Kapitel, das Merleau-Ponty ganz für sich allein hat


Elftes Kapitel: Croisés comme ça 275

in dem die Existenzialisten um die Zukunft streiten


Zwölftes Kapitel: Mit den Augen der Benachteiligten 307

in dem wir Revolutionären und Außenseitern begegnen und Leuten, die

nach Authentizität streben


Dreizehntes Kapitel: Wer einmal von der Phänomenologie gekostet hat 337

in dem wir von einigen unserer Protagonisten Abschied nehmen müssen


Vierzehntes Kapitel: Eine unauslotbare Strahlkraft 357


in dem wir über die Strahlkraft nachdenken


Die Mitwirkenden 371

Dank 377

Anmerkungen 379

Bildnachweis 432

Literatur 433

Personenregister 44








Einordnung für die Bildungsarbeit

Im Philosophie- und Ethikunterricht spielt der Existenzialismus für viele Lehrkräfte (die in der Regel ja die philosophischen Zugänge für den Unterricht auswählen) schon seit Jahrzehnten eine wichtige Rolle. Gerade in der Sekundarstufe II werden von existenzialistischen Philosophen/innen Fragen formuliert, auf die auch Lernende in dieser Altersstufe ein Antwort und darüber hinaus „Weiter - Denkmöglichkeiten“ suchen. Wenn auch die Entstehungszeit des Existentialismus nun schon einige Jahrzehnte zurückliegt, ist die Welt nicht frag-loser und angstfreier geworden – und auch die Antworten finden sich nicht leichter. Die Auseinandersetzung um das „Absurde“ , das Bemühung um die eigene Freiheit und ihre Auswirkungen auf Verhalten und Ethik im Rahmen der existenzialistischen Philosophie sind für Lernende nach wie vor von großer Bedeutung.

Dieses Buch hilft Studiernenden, Lehrkräften und SchülerInnen der Sekundarstufe II – zunächst bei der Skizzierung der geschichtlichen Voraussetzungen. Besonders aber bietet es eine Einordnung der Denker und ihrer Entwürfe in den philosophischen Gesamtzusammenhang: Nietzsche, Heidegger, Sartre, Simone de Beauvoir und Camus kommen in einen Zusammenhang, der bei der in der Schule oft gewählten Auswahl einiger Texte leicht zu kurz kommt.

Eine Ergänzung aus persönlicher Sicht: Albert Camus und Karl Jaspers kommen in ihren eigenen Entwürfen eher etwas zu kurz.



Martin Geisz, Januar 2017