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Materialien „Bildung für eine nachhaltige Entwicklung“ - Globales Lernen und Philosophie lernen Buchhinweis
Stichworte: Weltreligionen, Buddhismus, Gesellschaft, Religion |
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Bibliographische Angaben: |
Alfred Binder: Buddhismus. Lehre und Kritik. Alibri Verlag. Aschaffenburg 2017. 316 Seiten. ISBN 978-3-86569-243-6
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Zum Buch:
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Der Buddhismus ist eine inzwischen weltweit verbreitete Weltreligion mit vielen (sich durchaus auch widersprechenden) Glaubensrichtungen. Er hat vielfältige Quellen im Hinduismus in Indien und ist grundsätzlich zu unterscheiden von den westlichen Weltreligionen (Judentum, Christentum, Islam) - nicht nur wegen der Bedeutung von Reinkarnation und Wiedergeburt. Auch in Europa und den USA gewinnt er zunehmend Anhänger. Die Website zum Buch bietet Begründungen: „Wer nach Gründen für den Erfolg des Buddhismus in der westlichen Welt sucht, wird darauf verwiesen, dass dieser keinen strafenden Gott und keine heiligen Kriege kenne, dass anstelle von Dogmen und blindem Glauben fundiertes Wissen und Meditation stünden. Außerdem stelle keine andere Religion, keine Wissenschaft und keine philosophische Lebenskunst so viele wirksame Methoden zur Bewältigung des modernen Alltags bereit.“ (http://www.alibri-buecher.de/Buecher/Religionskritik/Alfred-Binder-Buddhismus-Lehre-und-Kritik::607.html). In diesem Buch nimmt Alfred Binder (selbst praktizierender Zen - Anhänger) die buddhistische in ihren oft widersprüchlichen Facetten. Die „Spannbreite“ der buddhistischen Lehre, die es den eine strenge Systematik und Dogmatik gewohnte (christlichen und islamischen) Theologen so schwer macht, mit dem Buddhismus in ein grundsätzliches Gespräch zu kommen, formuliert der Autor so: Für manche buddhistische „Denk“Schulen „war und ist Buddha ein Mensch und auch im buddhistischen Jenseits, im sogenannten Nirvana, ist er kein Gott geworden. Für manche Schulen ist er ein Mensch, wurde aber nach seinem Tod ein Gott. Für manche ist er schon vor Äonen von Zeitaltern ein Bodhisattva, ein gottähnliches Wesen, welches die Laufbahn eines Buddha eingeschlagen hatte. Für manche heutigen Buddhisten und vor allem Buddhismusforscher war Buddha überhaupt kein religiöser Führer, sondern ein Wanderprediger vom Schlage Sokrates’, in dessen Denken nicht religiöse Fragen im Mittelpunkt standen, sondern ethische, psychologische und vor allem therapeutische. Für die Hinayana-Schulen konnten und können praktisch keine Laien, sondern nur Mönche, erlöst werden und sie können sich nur selbst erlösen, nicht durch die Hilfe von anderen Wesen. Für das Mahayana können auch Laien erlöst werden und alle Menschen, ob Buddhisten oder nicht, können die Hilfe der Bodhisattvas in Anspruch nehmen. Für manche Schulen sind Rituale und Magie sinnlos, für andere sind sie Abkürzungswege zum Heil. Für manche Buddhisten ist das richtige Wissen, für andere die Versenkung, die Meditation, für wieder andere das sittliche Leben entscheidend. Für manche alle drei, für manche nur zwei dieser Disziplinen. Den Buddhisten der Amida-Schulen genügt allein der Glaube an die Erlösungskraft des Buddha. Für viele Buddhisten, insbesondere westliche, ist der Buddhismus eine Religion der Vernunft, in der alle Lehrinhalte logisch nachvollzieh- und erfahrbar sind. Wie ich schon anführte, sahen aber schon die alten Chinesen im Buddhismus alles andere als eine Vernunftlehre“ (S. 17f). Besonders im Blick auf die Mahayana-Philosophie kommt er im Buch zu einer kritischen Erörterung zentraler buddhistischer Begriffe und Glaubens- und Welt Vorstellungen. Thema werden auch „modernen Positionen“ , die den Buddhismus als Wissenschaft des Geistes und als Psychotherapie verstehen – und die Religion auch in industrialisierten, eher säkular geprägten Weltregionen attraktiv machen. . Das Inhaltsverzeichnis spiegelt die Arbeitsschwerpunkte:
Inhalt I. Buddhas Weg ist der wahre Weg ............................. 11 I.1. Faszination Buddhismus ..................................................... 11 I.2 Traditionelle Buddhismuskritik .......................................... 13 I.3 Die zwei großen Richtungen: Hinayana und Mahayana .................................................... 20 II. Der Hintergrund ....................................................... 25 II.1 Die Veden ........................................................................... 25 II.1.1 Entstehung und Inhalt ..................................................................... 25 II.1.2 Kritik der Veden ............................................................................. 30 II.1.3 Opfertheorie und Wiedergeburt ...................................................... 33 II.1.3.1 Wiedergeburt in den Veden ......................................................... 33 II.1.3.2 atman und brahman .................................................................... 34 II.2 Die Bedeutung von Dharma ............................................... 38 II.2.1 Ursprüngliche Bedeutung von Dharma ......................................... 38 II.2.2 Die Bedeutung von Dharma im Buddhismus ................................ 40 II.3. Die sozialen und politischen Verhältnisse zur Zeit Buddhas ................................................................. 42 III. Die Kernlehren .......................................................... 49 III.1. Die Schwere des Leidens .................................................... 49 III.1.1 Die Erste Edle Wahrheit ................................................................ 51 III.1.2 Die Teile des Menschen ................................................................ 52 III.1.3 Was ist Leiden und wie schwer wiegt es? ..................................... 53 III.2. Die Ursachen des Leidens .................................................. 59 III.2.1 Die Zweite Edle Wahrheit ............................................................. 59 III.2.2 Begehren ....................................................................................... 59 III.2.2.1 Begehren, Begierde, Trieb und Gier .......................................... 60 III.2.2.2 Anhaften ..................................................................................... 64 III.2.2.3 Hass ............................................................................................ 66 III.2.3 Die Drei Kennzeichen des Seins ................................................... 66 III.2.3.1 Was sind sankharas? .................................................................. 67 III.2.3.2 Vergänglichkeit .......................................................................... 68 III.2.3.3 Leidhaftigkeit ............................................................................. 70 III.2.3.4 Ichlosigkeit ................................................................................. 71 III.2.3.5 Was sind dhammas? ................................................................... 74 III.2.4 Unwissenheit ................................................................................. 76 III.2.5 Das Bedingte Entstehen ................................................................ 77 III.2.6 Die Wiedergeburtskette ................................................................ 79 III.2.6.1 Die Kette .................................................................................... 79 III.2.6.2 Listenklitterung .......................................................................... 81 III.2.6.3 Paralleltheorie ............................................................................ 82 III.2.6.4 Noch einmal: Unwissenheit ....................................................... 84 III.2.7 Kritik der Leidensursachen ........................................................... 86 III.3. Die Möglichkeit der Leiderlöschung .................................. 89 III.3.1 Die Dritte Edle Wahrheit ............................................................... 89 III.3.2 Karma und Wiedergeburt .............................................................. 90 III.3.2.1 Wie sich der Karmaglaube entwickelte ...................................... 91 III.3.2.2 Die buddhistische Karmatheorie: Karma des Willens ............... 93 III.3.2.3 Der karmische Wille und seine Folge: Ausgleichende Gerechtigkeit ..................................................... 94 III.3.2.4 Ungereimtheiten der Karmalehre ............................................... 96 III.3.2.5 Taten ohne Täter ......................................................................... 98 III.3.2.6 Der Wiedergeburtsprozess ....................................................... 100 III.3.2.7 Widersprach sich Buddha bei der Karmalehre? ....................... 104 III.3.2.8 Samsara .................................................................................... 106 III.3.2.9 Warum gerade die Moral? ........................................................ 107 III.4. Der Weg zur Leidfreiheit .................................................. 110 III.4.1 Die Vierte Edle Wahrheit ............................................................ 110 III.4.2 Der 8-fache Pfad und seine Dreiteilung ...................................... 111 III.4.2.1 Die Sittlichkeitsschulung ......................................................... 114 III.4.2.2 Sammlungsschulung ................................................................ 119 III.4.2.3 Die Wissensschulung ............................................................... 125 III.4.3 Die Rede vom Mittleren Weg ..................................................... 130 III.4.4 Kastenkampf und Asketenbewegungen ...................................... 135 III.4.5 Kritik des Erlösungsweges .......................................................... 139 III.4.5.1 Triebtilgung .............................................................................. 139 III. 4.5.2 Warum ist der Buddhismus absolut vergnügungsfeindlich? ... 143 III. 4.5.3 Sexualität ................................................................................. 145 III.4.5.4 Das Weib .................................................................................. 147 III.4.6. Nirvana ....................................................................................... 148 III.4.6.1 Der Vollendete im Diesseits ..................................................... 148 III.4.6.2 Der Vollendete im Nirvana ...................................................... 150 III.4.6.3 Gefühle im Nirvana .................................................................. 155 III.4.6.4 Das Nirvana als Ort .................................................................. 156 III.4.7 Kritik der Kernlehren .................................................................. 158 III.4.7.1 Die Gelenkachsen .................................................................... 158 III.4.7.2 Alles leer? ................................................................................. 163 IV. Das Mahayana ........................................................ 165 IV.1. Entstehung und Kennzeichen des Mahayana ................... 165 IV.1.1 Ordensspaltungen ........................................................................ 165 IV.1.2 Gründe für die Entstehung des Mahayana .................................. 167 IV.1.3 Kennzeichen des Mahayana ........................................................ 169 IV.1.3.1 Bodhisattvas ............................................................................. 169 IV.1.3.2 Bodhisattva-Paradiese .............................................................. 171 IV.1.3.3 Verbilligung der Erlösung ........................................................ 172 IV.1.3.4 Charakter der Mahayanasutren ................................................ 173 IV.1.3.5 Eine historische Kritik des Mahayana ...................................... 175 IV.2. Die Mahayana-Philosophie ............................................... 177 IV.2.1 Das Problem der buddhistischen Philosophie ............................. 177 IV.2.2 Was gibt es und warum ist das wichtig? ...................................... 180 IV.2.3 Die Leerheitsphilosophie ............................................................ 183 IV.2.3.1 Die Entwicklung der Leerheits-Philosophie ............................ 183 IV.2.3.2 Die Mittlere Lehre .................................................................... 199 IV.2.4 Die Nur-Geist-Lehre ................................................................... 228 IV.2.5 Tantrayana ................................................................................... 236 IV.2.5.1 Geschichte ................................................................................ 236 IV.2.5.2 Praktiken .................................................................................. 236 IV.2.5.3 Die 3-Körper-Lehre .................................................................. 237 IV.2.6 Resümee ...................................................................................... 240 V. Ist der Buddhismus eine Wissenschaft? ............... 247 V.1 Nur auf die eigene Erfahrung kommt es an! ..................... 247 V.2 Der Buddhismus kennt keine Dogmen! ............................ 250 V.3 Wie kam es zum Bild des Buddhismus als einer Wissenschaft? .......................................................... 251 V.4. Ist der Buddhismus frei von Aberglauben und Magie? .... 257 V.4.1 Rituale, Magie und Meditation ..................................................... 257 V.4.1.1 Rituale im Buddhismus ............................................................. 257 V.4.1.2 Magische Praktiken ................................................................... 259 V.4.2 Die Kosmologie des Buddhismus ................................................ 265 V.4.3 Ist der Buddhismus eine Religion? ............................................... 271 VI. Ist der Buddhismus eine Religion der Gewaltlosigkeit und des Mitgefühls? .................... 273 VI.1 Eine Kaufmannsethik ....................................................... 273 VI.2 Das Lehrer-Schüler Verhältnis .......................................... 276 VI.3 Gewalt im Buddhismus .................................................... 277 VI.4 Die Wirklichkeit des tibetischen Buddhismus .................. 279 VII. Ist der Buddhismus eigentlich eine Psychologie und Psychotherapie? ................. 283 VII.1 Eine Wurzel der Psychotherapie? ..................................... 283 VII.2 Der blinde Fleck der buddhistischen Psychologie ............ 289 VII.3 Buddhistische Weisheiten ................................................. 291 VII.4 Genuss- und Lebensfeindlichkeit ..................................... 293 VII.5 Sinn der Meditation .......................................................... 295 VII.6 Warum eigentlich die Gier? .............................................. 298 VII.7 Warum wir wirklich leiden ............................................... 301 VII.8 Der Wellnessbuddhismus .................................................. 304 VII.9 Achtsamkeit ...................................................................... 305 VIII. Fazit ......................................................................... 309 Literaturverzeichnis ............................................................................... 313
Alfred Binder studierte Philosophie und praktiziert seit dreißig Jahren Zen. Publikationen
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Einordnung für die Bildungsarbeit |
Weltreligionen sind im Bemühen um Globales Lernen Thema in vielen Zusammenhängen: Religionsunterricht, Ethikunterricht, Philosophieunterricht aber auch in den Fächern der politischen Bildung, Sprachen und im künstlerischen Bereich. Dieses Buch verbindet Grundlageninformationen (unter Einbeziehung religionswissenschaftlicher, philosophischer und auch gesellschaftswissenschaftlicher Perspektiven) und verbindet dies in vielen Zusammenhängen mit - sonst in Publikationen eher wenig formulierten – kritischen Stellungnahmen. Das Buch ist eine gute Grundlage zur Basisinformation und Erarbeitung von Hintergründen. Es bietet auch vielfache Ansätze für eine kritische Betrachtung dieser Weltreligion, die auch bei uns für viele zunehmend Attraktiv ist (Studierende, Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II).
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Martin Geisz, September 2017