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Buchhinweis


Stichworte: Luther, Reformation, Themologie, Philosophie, Anthropologie







Bibliographische Angaben:

Eugen Drewermann: "Luther wollte mehr". Der Reformator und sein Glaube. Im Gespräch mit Jürgen Hoeren. Verlag Herder Freiburg 1. Auflage 2016. 320 Seiten . ISBN: 978-3-451-37566-8





Zum Buch:











Im Buch entwickelt Eugen Drewermann im Gespräch mit dem Publizisten Jürgen Hoeren seine Sicht auf Luther und die Geschichte der Reformation („sowie das Jubiläum 500 Jahre Reformation“ 2017). Wichtiger Bezugspunkt ist das Grundanliegen Luthers, der auf der Suche nach dem gnädigen Gott darauf instistiert hat, dass der Mensch von Gott vorbehaltlos angenommen und gerecht gesprochen ist. Das Inhaltsverzeichnis (siehe unten) spiegelt die wichtigen Themen des Gesprächs. Jürgen Hoeren, der Fragen formuliert, Vertiefungen und Klärungen in den Antworten Drewermanns anfordert und ihn dabei dazu bringt, klare Positionen zu formulieren, fasst im Vorwort wichtige Aussagen Drewermanns so zusammen: „ … Eugen Drewermann bringt es auf den Punkt: Seelsorge im Namen Jesu richtet Menschen auf, anstatt sie niederzudrücken. Und Luther hat den Weg bereitet, dass die Menschen angstfrei mit dem Glauben an die Heilige Schrift und vor allem an den Mann von Nazareth positiv leben können, statt abgeschreckt oder in den Aberglauben getrieben zu werden. Luther reißt magisches Denken ein. Er führt die Menschen seiner Zeit in eine neue Mündigkeit, löst, ja erlöst sie von Abhängigkeiten und Trugbildern. Er wagt eigenständiges Denken und ermuntert zur selbstverantworteten Reflexion über den Glauben. Er rückt die Bibel, den Glauben und vor allem die Gnade Gottes ins Zentrum des Christseins. Für seine Zeit war das eine Ungeheuerlichkeit, für die Gegenwart ist es eine Selbstverständlichkeit. Die Trias von Bibel, Glaube und Gnade muss neu buchstabiert und weitergedacht werden. Zu lange sind Protestanten, und erst recht die Katholiken, stehen geblieben, ohne erkannt zu haben, dass die Lehre Martin Luthers vom Außen zum Innen, von der Äußerlichkeit zur Innerlichkeit, durch die Erkenntnisse des Psychologie, der Neurologie und Psychotherapie bereichert werden kann, ja muss. Wesentlich ist, was Gott mir in meinem Herzen sagt. Drewermann fordert Protestanten und Katholiken auf, ihre Vorbehalte vor der Psychotherapie abzulegen – um der Seelsorge willen. Denn ein Mensch, der sich selbst versteht, versteht auch andere Menschen besser. Erst dann öffnet sich die Seele.“ (S.9)

Drewermann bleibt selbstverständlich nicht bei der historisch theologischen einordnung stehen, sondern fordert dazu auf, den Reformator Luther in seinen Grundanliegen ernst zu nehmen und ihn „wiederzuentdecken“ - „ theologisch, anthropologisch, psychologisch – gerade auch in einer so krisengeprägten Zeit wie heute“.1



Inhaltsverzeichnis

Vorwort 9

I. Was bedeutet Luther? 11

1. Prophetisch existieren in Protest

und Programmatik 12

2. Vaterangst und Gottesfurcht 15

3. Die Stunde der Entscheidung –

Worms im Jahre 1521 19

4. Das Vorbild: Jan Hus 21

5. Der Reformer wird zum Protestanten gegen Rom 22

6. Protestantismus und Katholizismus 25

7. Gottvertrauen und persönliche Identität 35

8. Die Bibelauslegung – Schuld und Vergebung 37

9. Paulus und Augustinus 39

10. Der Bruch mit dem humanistischen

Menschenbild 41

11. Die Bibel als Grundlage 44

12. Der Mensch im Gegenüber Gottes 47

13. Erweiterungen: Historische Kritik und

Psychoanalyse 48

14. Vier Aporien 49

15. Politische Wirkungen und Wirksamkeiten 66

16. Was will die Bergpredigt? 74

17. Die Lehre von der Prädestination 79



II. Der Kern: das dreimalige »Allein« 85

1. Allein durch die Schrift (sola scriptura) 85

2. Allein durch Gnade (sola gratia) 161

3. Allein durch Glauben (sola fide) 227



III. Religion und Gesellschaft 265

1. Augustins Zwei Reiche-Lehre 266

2. Gewaltlosigkeit als Botschaft Jesu – aber:

die Todesstrafe und der Krieg 271

3. Obrigkeit und Gehorsam 274

4. Wider den Wucherzins 278

5. Gerechtigkeit im Sinne Jesu 287

6. Von Geld und Freigeld 289

7. Der Dualismus von Gesinnung und

Verantwortung 290

8. Antijudaismus? Von Gesetz und Evangelium 295

9. War Jesus der Messias? 299

10. Die Juden und der Zins 301

11. Juden und Christen um 70 n.Chr. 304

12. Die Kirchen im Nationalsozialismus

und im Kaiserreich 306

13. Die Quintessenz 311

14. Das Toleranzprinzip 312






Einordnung für die Bildungsarbeit



Luther und die Geschichte der Reformation sind in vielen Zusammenhängen Unterrichtsthema. Dabei geht es um theologische, historische, politische Zugänge - aber auch um Aspekte persönlicher Entscheidung und Lebensgestaltung. Drewermann bietet in diesem Buch Zugänge, die zu den allseits gepflegten Jubiläumsthemen („500 Jahre …“) wichtige Akzente hinzufügen und auch für Lehrkräfte und Lernende neue Perspektiven anbieten. Die Anlage des Buchs in Gesprächsform ist hier eine wichtige Hilfe.



Martin Geisz, Dezember 2016



1Eugen Drewermann schreibt im Klappentext des Buches: "Durch Luther wurde etwas bewusst, das innerhalb der Glaubenstradition längst Gegenwart war: statt die Botschaft der Einheit, die Jesus in die Welt bringen wollte – zwischen Gott und Mensch, zwischen Himmel und Erde, zwischen Heiligen und Sündern, zwischen Tempel und Profanem –, kreativ aufzugreifen und weiterzuführen, haben 1500 Jahre Kirchengeschichte in katholischer Obhut die Spannungen zementiert. Luther hat, stellvertretend für eine ganze Zeit, in seiner Gegenwart und für die Jahrhunderte danach, diese Zerspaltenheit gefühlt, durchlitten und auf seine Weise zu artikulieren und zu überwinden unternommen. Es wäre historisch unfair, der Person Luther vorzuhalten, dass er am Anfang des 16. Jahrhunderts nicht auf den Neuaufbruch seiner Zeit, auf das ungeheuer Widersätzliche in seiner Zeit, mit einer geschlossenen systematischen Betrachtung antworten konnte. Er hat es von Fall zu Fall an den Stellen getan, an denen er es evident als notwendig spürte. Darum ist er in meinen Augen in seiner ganzen Biografie nicht im Jahre 1517 am größten, sondern 1521 auf dem Reichstag in Worms. Da vollendet sich der gesamte reformatorische Ansatz."