Materialien „Bildung für eine nachhaltige Entwicklung“ - Globales Lernen und Philosophie lernen

Buchhinweis


Stichworte: Abraham, Interreligiöses Gespräch, Trialog, Weltreligionen, Judentum, Christentum, Islam







Bibliographische Angaben:



Hubert Frankemölle : Vater im Glauben? Abraham/Ibrahim in Tora, Neuem Testament und Koran. Verlag Herder. Freiburg 1. Auflage 2016 . 520 Seiten . ISBN: 978-3-451-34911-9






Zum Buch:












Hubert Frankemölle ist schon lange im jüdisch – christlichen Dialog in Deutschland engagiert und viele Diskussionsbeiträge zu diesem Dialog veröffentlicht. In diesem Buch macht er Abraham/Ibraim zum Thema. Juden, Christen und Moslems berufen sich auf ihn und weisen ihm einen wichtigen Platz in der eigenen Geschichte zu.

H. Frankemölle – ausgewiesener Exeget und Bibelwissenschaftler - befasst sich in diesem Buch mit den Erzählungen zu Abraham/Ibrahim in der Bibel und im Koran. Frankemölle geht der Frage nach, ob der Abraham der Bibel und Ibrahim im Koran ein und derselbe sind. Dazu beschäftigt er sich mit allen Texten der jüdischen und christlichen Bibel sowie des Koran, die sich mit Abraham befassen. Er bedenkt den jeweiligen Kontext und die zeitgeschichtlichen Bedingungen mit. Die Texte werden in die jeweils relevanten Kontexte und zeit- sowie umweltgeschichtlichen Bedingungen eingeordnet - mit den Methoden des Exegeten und mit grundlegenden (hermeneutischen) Überlegungen zur Interpretation und Einordnung der vor dem Hintergrund, dass sie in den Religionen nicht nur literarisch betrachtet,sondern als Glaubensdokunente betrachtet werden. Zwangsläufig kommt es zur Frage, ob die Befunde und Aussagen von Bibel und Koran sich gleichen und vielleicht sogar identisch sind.

Gemeinsam ist zunächst, dass in Bibel und Koran Abraham/Ibrahim vorkommt und eine bemerkenswerte Rolle spielt. Allerdings geht es nicht um eine historische Person, sondern in allen Fällen um eine literarisch gedeutete Person, von der in Bibel und Koran ganz unterschiedliche „Geschichten“ in den Mittelpunkt gestellt werden. Abraham/Ibrahim ist außerhalb dieser Geschichten nicht „fassbar“, für die einzelnen Religionen sind die berichteten/überlieferten Geschichten bedeutsam. Der Koran setzt andere Akzente als die biblische Tradition. Für die biblische Tradition ist Abraham ein Ur - und Grundbild im Glauben Im Koran wird Ibrahim für Mohammed zu einer Person, von der ausgehend Religion eine eine neue Entwicklung nimmt. Er steht für den strikten monotheistischen Glauben, er ist der erste Muslim, der alles was ein Muslim befolgen muss, befolgt hat (vgl. S. 488).

Können sich Judentum, Christentum und Islam mit Blick auf Abraham über gemeinsame grundlegende Glaubensfragen verständigen? Gibt es eine Gemeinsamkeit der „abrahamischen Religionen?

Der Autor formuliert: Dass Judentum, Christentum und Islam „nicht in absoluten Abgrenzungen und exklusiven Überzeugungen erstarrten und gegenwärtig existieren, dafür sorgen mehr oder weniger Gestalten der je eigenen Traditionen, die sich bei näherem Hinsehen oft als allen gemeinsamen Traditionen erweisen. Zu ihnen gehört ohne Zweifel Abraham. Ob man als Gemeinsamkeit „den Glauben an dn den einen und selben Gott Abrahams (Küng) feststellen kann, erschein mir aufgrund der Ausführungen in diesem Buch zweifelhaft.. Abraham spielt in allen drei Religionen eine wichtige, aber unterschiedliche Rolle – und dies hat mit seinem Gottesbild und mit den Offenbarungen Gottes an ihnen zu tun. Die Gestalt Abrahams ist im Judentum und im Islam zentral, kaum im Christentum ...“(S.432f).

Dies bedeutet für den Autor aber nicht, dass es eine Gemeinsamkeit zwischen den drei Weltreligionen nicht geben kann. „Meine These, dass historisch-literarisch der in Bibel und Koran vorgestellte Abraham nicht als Urgestalt der Ökumene zwischen Juden Christen und Muslime genannt werden kann, besagt nicht, dass mittels der Metapher oder des Symbols 'Abraham' aufgrund der interreligiösen Entwicklung … nicht einen gemeinsamen Weg von Juden, Christen und Muslimen zu einem friedlichen Miteinander und zum Frieden in der Welt andeuten und eröffnen kann“ (S. 493). Hier sieht er bei den drei Weltreligionen im gepflegten Dialog/Trialog umfassende Versuche und Zugänge, allerdings nur wenig in den arabischen Ländern “Weltweit, national und vor allem auf örtlicher „Ebene ist man – bis auf die arabischen Länder – aufs Ganze gesehen seit ca. 50 Jahren auf einem guten Weg“ (S. 502).

Dieses Buch ist ein fundiertes Kompendium für alle, die am Verhältnis von Juden, Christen und Muslimen und den gemeinsamen Wurzeln der monotheistischen Religionen interessiert sind. Mit zahlreichen farbigen Abbildungen.

Zum Autor:

Hubert Frankemölle, geb. 1939, Dr. theol., em. Professor für Exegese des Neuen Testaments an der Universität Paderborn, tätig im Vorstand der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, Paderborn.e.V.






Einordnung für die Bildungsarbeit



Gerade im Globalen Lernen Engagierte Lehrkräfte suchen nach Anknüpfungspunkten im interreligiösen Dialog. „Trialog“ zwischen Juden, Christen und Moslems wird gern formuliert, kommt an vielen Orten auch in Gang. „Abramische Religionen“ ist gern genutztes Stichwort – meist davon ausgehend, dass die drei Religionen einen wichtigen Bezug zu Abraham/Ibrahim haben.

Hier bietet das Buch wichtige Hilfen:

- Frankemöller präsentiert, legt aus und diskutiert aus seiner Sicht (im Dialog engagierter christlicher Theologe mit dem Schwerpunkt „Exegese“),

- er nimmt die Voraussetzungen dieses von vornherein von ungleichen Voraussetzungen ausgehenden „Trialogs“ zwischen Juden Christen und Moslems in den Blick (Hermeneutische Fragen, Offenbarungs- und Inspirationsverständnis, Rolle des Staates bei der Religionsausübung – besonders im Blick auf den Islam, Bedeutung von Aufklärung …) und versucht eine Darstellung zu allen relevanten Texten in Bibel und Koran,

- trotz aller Schwierigkeiten zeigt er mögliche Ziele und Ausgangspunkte für einen „Trialog“, der auch im Rahmen der Bildungsarbeit wichtige Akzente setzen kann.

Ich empfehle das Buch für Studierende, Lehrkräfte und Schüler/innen in den Leistungskursen (Ethik, Religion) der Sekundarstufe II.




Martin Geisz, Oktober 2016