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Buchhinweis
Stichworte: Anthropologie, Gehirn, Seele, Psyche
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Bibliographische Angaben: |
Gerhard Roth, Nicole Strüber: Wie das Gehirn die Seele macht . Klett-Cotta. 1. Aufl. 2014, 425 Seiten. ISBN: 978-3-608-94805-9 : |
Zum Buch:
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Gehirn und Seele gehören auch für den Laien irgendwie zusammen. Nun ist ja auf der einen Seite „Gehirn“ medizinisch fassbar und beschreibbar, „Seele“ aber wird dem Gehirn zwar irgendwie zugeschrieben („Psyche“), oft auch als dem Gehirn als Organ irgendwie zugeschrieben geklärt ist das alles aber nicht. Die Website zum Buch formuliert als Zugang: „Wo und wie aber das Psychische im Gehirn entsteht, wie sich dabei unsere Gefühlswelt, unsere Persönlichkeit und unser Ich formen, kann mit Hilfe der modernen Verfahren der Hirnforschung erst seit kurzem erforscht werden und wird in diesem Buch dargestellt.“1 Im Vorwort präzisieren die Autoren: Ein „entscheidender Schritt für das Zustandekommen unseres Buches war unsere umfassende und integrative Aufarbeitung psychologischer und neurobiologischer Befunde, die die Rolle frühkindlichen Stresserlebens beim Entstehen psychischer Störungen beleuchten. In dieser Aufarbeitung, die wir im Rahmen einer Projektarbeit durchführten, wurde uns bewusst, welche Bedeutung insbesondere die frühen Erfahrungen innerhalb kritischer sensibler Perioden, aber auch die genetisch-epigenetische Ausstattung des Menschen für seine spätere Persönlichkeit und die Entwicklung psychischer Erkrankungen haben. Es wurde deutlich, dass es während der Entwicklung vor allem die komplizierte Neurochemie ist, die sich in ihrer Funktionsweise den jeweiligen Lebensumständen anpasst: Bei Vorliegen ungünstiger genetisch-epigenetischer Prädispositionen, kombiniert mit negativen oder gar traumatischen Erfahrungen, erfährt sie langfristige Veränderungen und begünstigt so die Entstehung von psychischen Erkrankungen und Verhaltensstörungen Gundlage unserer Überlegungen ist eine »naturalistische« Sicht des Seelischen, derzufolge sich Psyche und Geist in das Naturgeschehen einfügen und dieses nicht transzendieren. Daher rührt die strenge empirische Ausrichtung unserer Argumente. Gleichzeitig versuchen wir, die Fallstricke eines unfruchtbaren neurobiologischen Reduktionismus zu vermeiden.“2 Die Frage nach „Gehirn und Seele“ ordnen die Autoren einleitend so ein: „Mit unserem Buch setzen wir die Bemühungen fort, ein neurobiologisches Verständnis des Seelisch-Psychischen, der Entwicklung der menschlichen Persönlichkeit als Träger dieses Seelischen, der Entstehung psychischer Erkrankungen und der Wirksamkeit von Psychotherapie zu erreichen.“3 Die Arbeitsschritte spiegelt das Inhaltsverzeichnis des Buches.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort ................................. 9 Einleitung ................................ 13 1 Die Suche nach dem Sitz der Seele ................ 25 1.1 Die antike und mittelalterliche Seelenlehre ........... 25 1.2 Die neuzeitliche Suche nach dem »Sitz der Seele« ........ 32 1.3 Experimentelle Hirnforschung und Seele-Geist ......... 34 1.4 Wo stehen wir heute?....................... 41 2 Gehirn und limbisches System .................. 45 2.1 Allgemeiner Aufbau des Gehirns ................ 45 Bau und Funktion der Nervenzellen ............... 47 Was die verschiedenen Teile des Gehirns tun.......... 54 2.2 Bau und Funktion des limbischen Systems als Sitz des Psychischen.......................... 63 Die untere limbische Ebene ................... 63 Die mittlere limbische Ebene ................... 68 Die obere limbische Ebene.................... 83 Die kognitiv-sprachliche Ebene– der Isocortex......... 87 2.3 Was lernen wir daraus?...................... 92 3 Die Sprache der Seele: Neuromodulatoren, Neuropeptide und Neurohormone ................ 95 3.1 Dopamin ............................. 96 3.2 Serotonin ............................. 103 3.3 Noradrenalin ........................... 110 3.4 Acetylcholin............................ 114 3.5 Endogene Opioide ........................ 116 3.6 Oxytocin ............................. 120 3.7 Vasopressin............................ 129 6 Inhaltsverzeichnis 3.8 Glucocorticoide.......................... 132 3.9 Zusammenfassung: Sechs psychoneuronale Grundsysteme . . 144 (1)Das Stressverarbeitungssystem................ 145 (2)Das interne Beruhigungssystem ............... 146 (3)Das interne Bewertungs- und Belohnungssystem...... 147 (4)Das Impulshemmungssystem ................ 148 (5)Das Bindungssystem ..................... 149 (6) Das System des Realitätssinns und der Risikobewertung . . 150 Psychoneuronale Systeme und das Vier-Ebenen-Modell .... 151
4 Die Entwicklung des Gehirns und der kindlichen Psyche .....153 4.1 Die Entwicklung des Gehirns................... 153 Kritische Perioden der Hirnentwicklung ............ 155 Die weitere Ausreifung des Gehirns ............... 157 4.2Die Entwicklung der kindlichen Psyche ............. 159 Die Entwicklung des kindlichen Emotionsverständnisses und einer »Theory of Mind« ...................... 160 Die Entwicklung des autobiographischen Gedächtnisses . . . 162 Die Entwicklung von Emotionen und Emotionsregulation . . 165 Das Bindungssystem ....................... 167 Das kindliche Temperament ................... 177 4.3 Was lernen wir daraus?...................... 181
5 Persönlichkeit und ihre neurobiologischen Grundlagen ....184 5.1 Die gängigen psychologischen Bestimmungen der Persönlichkeit......................... 184 5.2 Die neurobiologischen Grundlagen der Persönlichkeit..... 188 Stressverarbeitung und Persönlichkeit.............. 190 Selbstberuhigung und Persönlichkeit .............. 191 Belohnung und Belohnungserwartung (Motivation) und Persönlichkeit........................... 192 Bindungsverhalten und Persönlichkeit.............. 194 Impulskontrolle und Persönlichkeit ............... 196 Realitätssinn und Risikowahrnehmung und Persönlichkeit . . 197 5.3 Was sagt uns das alles? ...................... 198
6 Das Bewusstsein, das Vorbewusste und das Unbewusste .... 200 6.1 Die Erscheinungsformen des Unbewussten........... 200 6.2 Die Erscheinungsformen des Bewusstseins und des Vorbewussten......................... 205 Phänomenologie des Bewusstseins ............... 205 Welche Bewusstseinszustände gibt es? ............. 209 6.3 Die Funktionen des Bewusstseins ................ 211 6.4Die neurobiologischen Grundlagen des Bewusstseins ..... 216 Die Großhirnrinde – ein assoziatives und selbstreferentielles Netzwerk................... 217 Synchronisations- und Oszillationsphänomene im Cortex und Bewusstseinsentstehung ..................... 219 Neurobiologie des Vorbewussten ................ 227 6.5 Wie verhalten sich nun Geist-Bewusstsein und Gehirn zueinander?........................ 231 Geist und Bewusstsein als emergente physikalische Eigenschaften........................... 234 Realität und Wirklichkeit des Geistes .............. 237 Mentale Felder– die Ordnungskraft des Bewusstseins..... 239 6.6Was sagt uns das alles?...................... 242 7 Psychische Erkrankungen und Persönlichkeitsstörungen .... 245 7.1 Depressionen........................... 246 7.2 Angststörungen.......................... 263 7.3 Posttraumatische Belastungsstörung .............. 269 7.4 Zwangsstörung.......................... 273 7.5 Borderline-Persönlichkeitsstörung ............... 277 7.6 Antisoziale Persönlichkeitsstörung und Psychopathie..... 283 7.7 Psychische Erkrankungen und das Gehirn: Was sagt uns das?......................... 295 8 Psychotherapien ..........................299 8.1 Psychoanalyse........................... 299 Das Grundschema des Psychischen nach Freud......... 303 Psychoanalytische Therapie ................... 307 8
Moderne Ansätze der psychoanalytischen und psychodynamischen Therapie .................. 311 Die »Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik – OPD «313 8.2Verhaltenstherapie ........................ 315 Das behavioristische Konzept der Verhaltenstherapie ..... 319 Kognitive Verhaltenstherapie................... 321 8.3 Ergebnisse der Psychotherapie-Wirksamkeitsforschung .... 325 Die »Common-Factor-Theorie« und der sogenannte Placeboeffekt................... 330 8.4Was sagt uns das alles? ...................... 332 9 Die Wirkungsweise von Psychotherapie aus Sicht der Neurowissenschaften ..................... 335 9.1 »Neuropsychotherapeutische« Korrelate und Messmethoden . 335 Welche Methoden besitzt die Neurobiologie, um die Wirksamkeit von Psychotherapien zu überprüfen? . . . 336 9.2 Neurowissenschaftliche Beurteilung der Therapiewirkungsforschung................. 340 (1) Das VT -Paradigma der »Löschung« unangepasster Verknüpfungen ................ 340 (2) Das Paradigma der kognitiven Kontrolle und kognitiven Umstrukturierung in der KVT .......... 344 (3) Das Paradigma des Bewusstmachens unbewusster Inhalte in der Psychoanalyse ..................... 350 9.3 Neurobiologische Interpretation der »therapeutischen Allianz« 355 9.4Was geschieht in der zweiten Therapiephase?.......... 361 9.5 Was bedeuten diese Erkenntnisse für eine »Neuropsychotherapie«?................. 365 10 Zusammenfassung ......................... 370 Literatur .............................. 385 Register .............................. 419
Zu den Autoren: Gerhard Roth, Professor Dr. Dr., ist Professor für Verhaltensphysiologie und Entwicklungsneurobiologie am Institut für Hirnforschung der Universität Bremen, Rektor des Hanse-Wissenschaftskollegs Delmenhorst und Präsident der Studienstiftung des deutschen Volkes. Er hat über 200 Fachartikel im Bereich der Neurobiologie und Neurophilosophie veröffentlicht. Bekannt wurde er durch seine drei bei Suhrkamp erschienenen Bücher »Das Gehirn und seine Wirklichkeit«, »Fühlen, Denken, Handeln« und »Aus Sicht des Gehirns«. 4 Dr. Nicole Strüber arbeitet am Institut für Hirnforschung der Universität Bremen. Sie studierte Neurobiologie und Psychologie und promovierte 2012 im Bereich der Entwicklungsneurobiologie. 5 Leseprobe: http://www.klett-cotta.de/media/14/9783608948059.pdf (November 2014)
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Einordnung für die Bildungsarbeit |
Im Philosophieunterricht sind „Psyche“, „Seele“ aucch in ihrer Verbindung zu den Neuro)biologischen Grundlagen besonders im Arbeitsschwerpunkt „Anthropologie“ zentrales Thema – besonders auch im Blick auf die Frage nach dem „Wesen des Menschen“. Zentraler Bezugspunkt ist hierbei oft die Psychoanalyse Freuds. Eine Einordnung mit Blick auf das Buch geben die Autoren: „Hatte nicht Sigmund Freud seinen Entwurf einer Psychologie von 1895 abgebrochen und damit sein großes Ziel, die Psychoanalyse neurobiologisch zu begründen, resigniert aufgegeben? Und hatte er nicht in dem berühmten Aufsatz Das Unbewusste von 1915 festgestellt, das Verständnis des Psychischen benötige zumindest »vorläufig« keine Kenntnis vom Gehirn? Vor rund zehn Jahren lehnte ein bekannter deutscher Psychoanalytiker während der Lindauer Psychotherapiewochen ein Gespräch mit dem Erstautor dieses Buches mit den Worten ab: »Die Neurobiologen suchen die Seele im Gehirn – sie werden sie dort nicht finden!« Eine beträchtliche Zahl der heutigen Philosophen, Psychologen, Psychiater und Psychotherapeuten vertritt entsprechend einen psychophysischen Parallelismus . Dieser akzeptiert natürlich einen gewissen Zusammenhang zwischen Geist-Psyche und Gehirn, hält ihn aber für irrelevant. Ein solcher Parallelismus wird allerdings umso rätselhafter, als je enger sich die Beziehung zwischen dem Psychischen und dem Neuronalen erweist.“6 Das Buch bietet Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe II , den gegenwärtigen Forschungs- und Diskussionsstand zur Thematik und gibt mit Sicherheit viele Impulse für Diskussionen und Diskurs im Philosophieunterrricht.
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Martin Geisz, November 2014
1http://www.klett-cotta.de/buch/Denken_/_Handeln_/_Fuehlen/Wie_das_Gehirn_die_Seele_macht/48964 (Aufruf 18.11.2014)
2S.11f.
3S22
4http://www.klett-cotta.de/autor/Gerhard_Roth/690 (Aufruf: 18.11.2014)
5http://www.klett-cotta.de/autor/Nicole_Strueber/48963 (Aufruf 18.11.2014)
6S. 16f