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Brauchen
wir eine neue Humorkultur? DIE EPILOG hat nach Anknüpfungspunkten
für eine gewitzte Haltung zu unserer Zeit gesucht.
„Im
Lachen kommt der Mensch an seine Grenzen und entdeckt dabei eine
neue Welt, verrät uns der Anthropologe Helmuth Plessner.
Doch Humor ist nicht immer witzig, meist sogar tragisch. Beim
geisteskranken Friedrich Nietzsche ist er der Vorbote zum Tod und
dennoch bringt er seine letzten lichten Gedanken. In der Parodie
entdeckt Nietzsche das Mittel, um alle Moral infrage zu stellen.
Fips Asmussen, der deutsche Kalauerveteran, hingegen rettet sich
in endlose Witzeschleifen, obwohl er lieber tragische
Liebeslieder schmettern würde. Empörung war es, die
Vicco von Bülow zum Lachen brachte. Mehr Humor hat er sich
gewünscht, denn Selbstironie ist für ihn eine
demokratische Pflicht.
LUSTIGE GESCHICHTE Humor ist
subversiv, erklärt Alexander Kluge in einem Interview über
den Witz der Geschichte und spricht über den ernsten Helge
Schneider. Aber auch die Berliner wussten sich mit Witz stets zu
wehren, weiß der Bremer Helmut Höge. Der dritte Earl
von Shaftesbury erhob die Lächerlichkeit gar zum politischen
Argument, was die "Beste Partei" vor drei Jahren mit
dem Wahlsieg in Reykjavík untermauerte. Ihre absurden
Wahlversprechen können es fast mit der jüdischen
Tradition charmanter Unverschämtheiten, dem Chuzpe,
aufnehmen.
WITZIGE GESELLSCHAFT Denn ernst meinen
dürfen wir - möchte man Richard Rorty vertrauen -
eigentlich gar nichts mehr. Wladimir Kaminer schreibt: In
Russland hat man das eigentlich immer gewusst, läuft aber
gerade Gefahr, es wieder zu vergessen. Doch auch in den USA hat
Jon Stewart mit seiner DAILY SHOW viel Mühe, täglich
daran zu erinnern, dass man die Welt im Spaß besser
versteht. Er nutzt die Satire für den besten
TV-Journalismus, den die USA heute zu bieten haben. Hierzulande
muss die Erkenntnis, dass Humor komplexe Zusammenhänge
besser verständlich macht, offensichtlich erst noch
verbreitet werden, verrät Katrin Hansmeier vom DEUTSCHEN
INSTITUT FÜR HUMOR im Interview. Anton Hart meint, gerade in
Deutschland fängt der Spaß erst an, wenn es boshaft
wird. Doch das kann man auch übertreiben.
ABSURDE
MODERNE Übertreibung ist für Susan Sontag jedoch
eines der wichtigsten Merkmale der modernen Popkultur. Sie soll
die schnöde Ironie ablösen. Der Seriengründer
Rafael Horzon hat das eingesehen, gar nichts mehr ironisch
gemeint und betreibt seinen Spaß nur noch im Ernst. Dabei
zeigt er, dass unsere Gesellschaft selten so seriös ist, wie
sie tut. Die Internet-Trolle nehmen ihren gesellschaftlichen
Auftrag dafür gelegentlich so ernst, dass sie vergessen,
dass eigentlich alles nur Spaß sein sollte. Dabei ist es
gerade die Lust an der Anarchie, der lulz, der sie für das
Netz unverzichtbar macht. Die postmoderne Literatur hadert
bereits mit der gleichgültigen Haltung des Humors. Sie fragt
sich: Wann kann man endlich mal wieder etwas ernst nehmen?“
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Einordnung
für die Bildungsarbeit
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Der
lachende Mensch ist in der Philosophie schon immer Thema. Der
Mensch, der sich der Realität mit Humor stellt, macht sich
ein Stück unabhängig und beschafft sich neue
Perspektiven. Diese Ausgabe der Zeitschrift „Die Epilog“
setzt hier Akzente, die im Unterricht der Sekundarstufe 2 neue
Impulse geben können. Besonders empfeehle ich das Interview
mit Alexander Kluge und den Artikel „Ecce Humor“ -
der Nietzsche im Blick hat.
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